Wann darf ich, wegen Baulärm, die Miete mindern ?
Wenn während eines Mietverhältnisses in der Wohnung oder in der Wohnungsumgebung unzumutbarer Baulärm auftritt, kann für den Mieter ein Anspruch auf Mietminderung erfolgen. Die Miete kann dann für die Dauer des Baulärms oder der Bauarbeiten reduziert werden. Allerdings ist der Baulärm keine automatische Rechtfertigung für eine Minderung. Es müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, wie zum Beispiel eine erhebliche Lärm- und Staubbelästigung, sowie eine Beinträchtigung der Wohnqualität. In einem solchen Fall sollte der Mieter umgehend den Vermieter informieren und eine schriftliche Mängelanzeige erstellen. Eine Mietminderung kann erst dann geltend gemacht werden, wenn der Vermieter die Möglichkeit hatte, den Mangel zu beheben oder zumindest eine Abhilfe zu schaffen zu können. Es empfiehlt sich in jedem Fall, vorab mit dem Vermieter oder dem Lärmverursacher zu sprechen und eine einvernehmliche Lösung zu finden.
Inhaltsverzeichnis
Das wichtigste in Kürze:
Im Allgemeinen ist es möglich, aufgrund von Baulärm eine Mietminderung vorzunehmen, wie auch von Urteilen des BGH bestätigt. Dafür sind jedoch bestimmte Voraussetzungen erforderlich:
- Der Mieter muss begründen und beweisen, dass die Störung eine wesentliche Beeinträchtigung seiner Wohnung darstellt. Ein Mangel gilt nur dann als wesentlich, wenn die Verwendbarkeit der Wohnung unmittelbar beeinträchtigt ist – abhängig von den zugrundeliegenden Umständen – und wenn beispielsweise Grenzwerte überschritten werden (§ 906 Abs. 1 BGB).
- Der Vermieter muss in Kenntnis gesetzt werden und einen Behebungszeitraum genannt bekommen, bevor Sie die Miete kürzen
- Modernisierung über wenige Tage muss geduldet werden
- Ruhezeiten müssen eingehalten werden
- Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln ist im § 536 BGB geregelt
- Hat der Mietmangel, bereits beim Einzug bestanden, ist eine Mietminderung nicht möglich
- Für beste Nachvollziehbarkeit, führen Sie ein Lärmprotokoll über zwei Wochen
Was zählt zu belästigten Baulärm und was regelt das Immissionsschutzgesetz?
Gemäß dem Immissionsschutzgesetz ist es für Bauträger verpflichtend, die Lärmbelästigung während der Bauphase so gering wie möglich zu halten. Innerhalb von Wohngebieten dürfen 55 Dezibel nicht überschritten werden. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz inklusive der darauf basierenden Verordnungen beinhalten Vorschriften zum Schutz der Luftqualität, Lärmbekämpfung sowie zum Schutz vor anderen Umwelteinflüssen, die von gewerblichen Einrichtungen oder Fahrzeugen ausgehen. Diese Regelungen betreffen in erster Linie die Umweltauswirkungen durch Einrichtungen. Das Landes-Immissionsschutzgesetz beinhaltet auch Anforderungen an das Verhalten von Personen.
Der Krach, der auf einer Baustelle entsteht, wird gewöhnlich als Baulärm bezeichnet. Geräusche, die während des Umbaus, der Reparatur oder durch energetische Sanierung eines Wohnhauses entstehen müssen von Mietern, oftmals hingenommen werden und eine Mietminderung wegen Baulärms ist nicht umsetzbar.
Folgende Arbeiten, können hingegen zu belästigten Baulärm führen, dazu gehören zum Beispiel:
- Baustellenlärm durch einen Bagger
- Abrissarbeiten und damit verbundenen Erschütterungen
- Abtransportieren von Schutt über eine Schüttrutsche
- Geräusche, die durch einen Presslufthammer entstehen
- Anhaltendes Hämmern während Bauarbeiten in oder an Gebäuden
Zu mietmindernden Baulärm gehören laute Bauarbeiten, häufiges Hämmern und Bohren sowie ständige Vibrationen. Auch nächtliche Bauarbeiten oder der Einsatz schwerer Maschinen können zu einer Mietminderung berechtigen. Die Art und Dauer des Baulärms sowie die Beeinträchtigung der Wohnqualität sind entscheidend für die Höhe der Mietminderung.
Mietminderung wegen Baulärm?
Wenn der Baulärm die Wohnung des Mieters zum vertragsgemäßen Gebrauch erheblich beeinträchtigt, ist dies unter Umständen ein Grund für Mietminderung. Die Höhe der Mietminderung hängt von verschiedenen Faktoren ab und kann mithilfe einer Mietminderungstabelle grob geschätzt werden, allerdings sollte der Mieter vorher rechtlichen Rat einholen. Es gibt jedoch auch Ausnahmen, in denen der Mieter nicht zur Mietminderung berechtigt ist, wie z.B. wenn der Vermieter auf bestimmte Bauarbeiten hingewiesen hat und eine Mietminderung im Zusammenhang mit diesem Bauprojekt ausnahmsweise ausgeschlossen hat. Der Mieter muss den Vermieter schriftlich über den Mangel informieren und ankündigen, dass er das Recht auf Mietminderung geltend machen wird. Obwohl die Mietminderung grundsätzlich auch rückwirkend möglich ist, muss der Mieter zunächst seiner Pflicht zur Mängelanzeige nachkommen.
Duldungspflicht für Mieter!
Im Zuge von Erhaltungsmaßnahmen an einer Mietwohnung haben Mieter die Pflicht, diese zu dulden, wenn sie vom Vermieter veranlasst werden und dazu beitragen, dass das Wohnobjekt in Stand gehalten wird. Während der Arbeitszeit, die zwischen sieben und 22 Uhr an Werktagen liegt, muss die Duldung von Modernisierungsmaßnahmen erfolgen. Baulärm, der an Sonn- oder Feiertagen verursacht wird, kann als Verstoß gegen die Ordnung bestraft werden. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Arbeiten innerhalb oder außerhalb des Wohnobjekts durchgeführt werden.
Informieren Sie Ihren Vermieter bei Belästigung wegen Baulärm
Musterschreiben, für die Inkenntnissetzung an den Vermieter
[Name des Mieters]
[Anschrift des Mieters]
[Telefon und E-Mail]
[Ort, Datum]
[Name des Vermieters]
[Anschrift des Vermieters]
Betreff: Mängel in der Mietwohnung [Anschrift, Stockwerk, links/rechts] / Mietminderung
Sehr geehrter Herr Vermieter / Sehr geehrte Frau Vermieterin,
mit diesem Schreiben möchte ich Sie auf einen Mangel hinweisen, der mir seit [heute / gestern / Datum] bekannt ist.
Wie Sie sicher wissen, werden seit [heute / gestern / Datum] [im Haus / auf dem Nachbargrundstück / außerhalb der Wohnung] Bauarbeiten durchgeführt. Der dadurch verursachte Baulärm ist sehr intensiv und beeinträchtigt neben dem Schmutz und Staub, der in meine Wohnung gelangt, die Gebrauchstauglichkeit der oben angegebenen Wohnung erheblich.
Der Baulärm wird durch folgende Bauarbeiten verursacht:
[Konkret durchgeführte Bauarbeiten nennen, zum Beispiel: Abriss des Dachstuhls / eines Gebäudes; Stemm- und Sägearbeiten; Einsatz von Presslufthammern; Bebauung des Nachbargrundstücks]
Der Lärm tritt [fast durchgehend / zeitweise / regelmäßig zwischen … Uhr und … Uhr] auf und ist von wechselnder Intensität. Es ist daher nicht möglich, sich in der eigenen Wohnung auf jegliche Tätigkeiten zu kontenzierten oder sich nach der Arbeit zu entspannen. Die Arbeiten erfolgen auch noch nach 22 Uhr und am Wochenende. Es ist unmöglich die Fenster zu öffnen, selbst für einen kurzen Zeitraum
Der Vermieter ist nach § 535 BGB zur Instandhaltung der Mietsache verpflichtet. Ich bitte Sie, den dargestellten Mangel zeitnah, spätestens bis [Datum] zu beheben. Sie können mich zur Terminabsprache unter den obigen Kontaktdaten erreichen, wenn Sie sich einen eigenen Eindruck von dem Mangel machen möchten. Anbei sende ich Ihnen ein kurzes Lärmprotokoll über die Beeinträchtigung wegen Baulärm.
Ich möchte Sie bitten, den oben genannten Mangel kurzfristig zu beheben. Sollte eine Beseitigung des Mangels, bis [Datum] nicht erfolgt sein, werde ich die Miete mindern. Für die Kürzung der Miete bitte ich um Nachsicht.
Mit freundlichen Grüßen
Geräusche, die von Mietern geduldet werden müssen:
- Lautes Schreien von Babys (zu jeder Tageszeit)
- Geräusche von spielenden Kindern auf einem Spielplatz oder in einer Kindertagesstätte
- Hundegebell, das maximal 30 Minuten pro Tag erlaubt ist
- Duschen in der Nacht ist nur für insgesamt 30 Minuten erlaubt, mit höchstens 10 Minuten am Stück
- Trittschall, außer wenn High Heels getragen werden
- Lärm von der Straße
- Baulärm (sofern bereits vor dem Einzug (Vertragsschluss) eine Baustelle bestand)
- Partys dürfen nach 22 Uhr nur noch mit Zimmerlautstärke stattfinden
- Musizieren ist für maximal 2 Stunden am Tag erlaubt.
BGH - Urteile, diese in der Vergangenheit, zu einer Mietminderung wegen Baulärm geführt haben
80 % – Intensive Baumaßnahmen in der Dachgeschosswohnung, die dazu führen, dass die darunter liegende Wohnung kaum mehr genutzt werden kann (vergleiche das Urteil des Landgerichts [LG] Hamburg vom 11. Januar 1996 – Az.: 307 S 135/95).
60 % – Kompletter Abriss des Dachstuhls und anschließender Ausbau des Dachgeschosses (vergleiche das Urteil des Amtsgerichts Osnabrück vom 11. Oktober 1996 – Az.: 44 C 345/96).
25 % – Bauarbeiten auf einem Nachbargrundstück, die beträchtlichen Baulärm verursachen (vergleiche das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 18. März 1983 – Az.: 17 S 284/82).
20 % – Bebauung einer benachbarten Baulücke zur Errichtung eines Hauses mit Tiefgarage, die sich neben der Mietimmobilie befindet (vergleiche das Urteil des LG Berlin vom 16. Juni 2016 – Az.: 67 S 76/16).
15 % – Starker Baulärm aufgrund einer großen Baustelle in der Nachbarschaft, der über einen längeren Zeitraum hinweg anhält (vergleiche das Urteil des Landgerichts München vom 14. Januar 2016 – Az.: 31 S 20691/14).
10 % – Erlärmende Bauarbeiten wie Stemm- und Sägearbeiten (vergleiche das Urteil des LG Berlin vom 12. April 1994 – Az.: 63 S 439/93).
Lärm dokumentieren - erstellen Sie ein Lärmprotokoll
Die Gestaltung eines Lärmprotokolles, zum Thema Baulärm, ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Ein solches Protokoll sollte Punkte beinhalten wie die Uhrzeit, Art der Störung, Häufigkeit, Verursacher usw. Wir haben für Sie eine kostenlose Vorlage für die Erstellung eines Lärmprotkoll´s erstellt. Dieses können Sie sich nachfolgend kostenlos downloaden:
Nächsten Schritte:
Nachdem Sie Ihr Lärmprotokoll detailliert und unvoreingenommen über einen Zeitraum von 14 Tagen geführt haben, fragen Sie sich nun, welche Schritte als nächstes notwendig sind. Wir empfehlen Ihnen, das Protokoll Ihrem Vermieter vorzulegen und die Ruhestörung zu besprechen. Mit Hilfe des Protokolls kann der Vermieter die Situation verstehen und Maßnahmen zur Reduzierung des Lärms einleiten. Wenn sich kein Fortschritt oder keine Einigung ergibt, können Sie das Protokoll als Grundlage für eine mögliche Mietminderung verwenden. Falls gewünscht, können Sie das Protokoll auch an das zuständige Ordnungsamt oder einen Rechtsanwalt weitergeben, die sich um die weitere Vorgehensweise kümmern werden.
Unterlassungsanspruch:
Sollte es aufgrund anhaltender Lärmbelästigung zu einer rechtlichen Auseinandersetzung kommen, kann ein Lärmprotokoll als Beweismittel dienen, um die erhebliche Einschränkung und Gebrauchstauglichkeit Ihrer Wohnung gemäß § 1004 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch zu belegen und einen Anspruch auf Unterlassung gegenüber Ihrem Nachbarn geltend machen zu können. Es ist entscheidend, dass Sie das Protokoll über einen längeren Zeitraum detailliert und sorgfältig führen und dabei immer Zeugen benennen.
Berechnung einer Mietminderung wegen Bauarbeiten:
Ist eine Kürzung der Miete gerechtfertigt wird diese immer vom Ausgangspunkt Warmmiete berechnet.
Wir gehen der Annahme bei Familie Maier, lag Lärmbelästigung wegen Bauarbeiten am Nachbargrundstück, im April 2023, an 15 Tagen vor. Kaltmiete beträgt 850 Euro, die Nebenkosten liegen bei 250 Euro. Mietminderung von 25 % wegen Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück.
Berechnung:
Kaltmiete: 850 Euro
+ Nebenkosten: 250 Euro
____________________________
= Warmmiete 1100 Euro
Mietkürzung an 20 Tagen: 1100 Euro : 100 * 25 = 275 Euro —- 275 Euro / 31 Tage * 15 Tage = 133,06 Euro
Familie Maier, darf die Miete für den 15tägigen Baulärm um 133,06 Euro, für den Monat April kürzen. Daraus besteht folgender Betrag: 1100 Euro – 133,06 Euro = 966,94 Euro
Der Anspruch auf eine Mietminderung, im Falle von Baulärm, muss immer individuell entschieden werden
Mietminderungsentscheidungen sind Einzelfallentscheidungen und sollten immer von einem Anwalt geprüft werden.
Weitere Gründe für eine Mietminderung:
Mietminderung bei Wasserschaden oder Feuchtigkeit in der Wohnung
Mietminderung bei Wasserschäden oder Feuchten Wänden ? Eine Mietminderung ist bei Wasserschäden oder Feuchtigkeit in der Wohnung möglich. Bei Schäden muss der Vermieter umgehend informiert
Mietminderung wegen Schimmel – Schimmel in der Mietwohnung + Musterschreiben
Mietminderung wegen Schimmel in der Mietwohnung Mieter haben grundsätzlich das Recht auf eine mangelfreie Wohnung, dazu zählt auch der Schutz vor Schimmelbildung. Wenn Schimmel im
Mietminderung bei Heizungsausfall –
Was tun, wenn die Heizung defekt ist?
Mietminderung wegen defekter Heizung – Miete kürzen, wann darf ich das ? Funktioniert die Heizung in den kalten Wintermonaten nicht, kann es schnell ungemütlich werden.
FAQ´s
Nein, die Miete kann nicht ganz einbehalten werden, wenn es Baulärm in der Nachbarschaft gibt. Lärm und Schmutz durch Baustellen gehört zum normalen Leben in einer Stadt und ist keine Pflichtverletzung des Vermieters. Dennoch hat der Mieter das Recht auf eine angemessene Mietminderung, wenn der Lärm die Wohnqualität einschränkt und der Vermieter nicht in der Lage ist, den Lärm zu reduzieren. Die Höhe der Mietminderung variiert je nach der Schwere des Lärms und der Beeinträchtigung der Wohnqualität.
Nicht jedes Geräusch ist als Lärm zu betrachten. Ein Pegel von 40 Dezibel tagsüber und 30 Dezibel in der Nacht gelten als angemessene Lautstärke, auch bekannt als Zimmerlautstärke. Kommt es wegen stetiger Lärmbelästigung zu einem Gerichtsverfahren, hilft Ihnen ein Lärmprotokoll, eine erhebliche Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit Ihrer Wohnung zu belegen.
- Art der Geräuschbelästigung, zum Beispiel durch laute Musik, Streit oder Party-Geräusche
- Zeitpunkt der Störung, wann?
- Wie lange dauert die Belästigung an?
- Wie oft tritt die Störung auf?
- Wer verursacht den Lärm?
- Wie deutlich sind die Geräusche in der eigenen Wohnung zu hören?
- Ist lautes Sprechen notwendig, um Kommunikation in der Wohnung zu ermöglichen?
- Beeinträchtigt der Lärm den Schlaf oder weckt er auf?
- Beschreiben Sie das Geräusch so genau wie möglich.
- Wird der Lärm absichtlich verursacht?
Der Schutz vor Immissionen umfasst alle Handlungen, die darauf abzielen, die Belastung durch Lärm, Licht, Strahlung, Luft- und Wasserverschmutzung usw. auf ein für Mensch und Umwelt akzeptables Maß zu beschränken. Es muss vor allem für Gewerbe- und Industrieanlagen, sowie für Bauten der öffentlichen Infrastruktur beachtet werden.